Skip to main content

1 Lern-, Bildungs- und Entwicklungsprozesse

Nie ist das menschliche Gehirn leistungsfähiger als in jungen Jahren. Kinder kommen mit einer angeborenen Neugier auf die Welt: Sie sind interessiert, aktiv, weltoffen, richtiggehend bildungshungrig.

Fasziniert können wir Erwachsene beobachten, dass schon Säuglinge bemerkenswerte kognitive, soziale und rezeptive Fähigkeiten haben. Von Geburt an bilden sie sich, selbsttätig und selbstbestimmt. Sie entwickeln laufend ein Verhältnis zu sich selbst und ihrer Umwelt.

Kinder lernen aus eigenem Antrieb. Dazu versuchen sie von klein auf mit all ihren Sinnen, die Welt und deren Zusammenhänge zu entdecken, zu erforschen und zu «be-greifen». Über elementare sinnliche Wahrnehmungsvorgänge wie Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten beobachten sie nach und nach die Welt; sie sammeln aktiv Informationen und Erfahrungen, entwickeln Hypothesen und eigene Erkenntnisse. Ihre Lernerfahrungen stehen stets in engem Bezug zu den Erlebnissen in ihrem unmittelbaren Lebensalltag.

Kinder lernen immer und überall.

Kinder lernen immer und überall. Kinder forschen, entdecken und lernen dank ihrer vielfältigen Ressourcen und Begabungen selbstständig. Sie erarbeiten sich damit ihren eigenen, individuellen Bildungsprozess. Das Erfahrungswissen der Kinder wächst aufgrund ihrer Handlungs- und Sinneserfahrungen. Ihr Lern- und Bildungsprozess wird damit laufend angeregt und ermöglicht wiederum den Erwerb neuer Kompetenzen. Diese bilden im Gehirn komplexe Netzwerke und Verbindungen, womit Gelerntes dauerhaft verankert und eine Grundlage für den künftigen Wissenserwerb gebildet werden kann. Bildung ist somit ein offener, lebenslanger und selbstwirksamer Prozess zur Weltaneignung von Geburt an.

Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern setzen verlässliche Beziehungen und Bindungen zu Erwachsenen voraus.

Kinder sind die aktiven Gestalter ihrer eigenen Bildungs- und Entwicklungsprozesse. Erwachsene Personen können diese nicht direkt beeinflussen oder gar erzwingen, sie begünstigen sie aber massgeblich. Die Aneignung des Weltwissens der Kinder geschieht weitgehend im Dialog mit Erwachsenen. Die sogenannte Ko-Konstruktion ermöglicht ihnen, in der Interaktion ihr Wissen zu erweitern und zu differenzieren. Ko-konstruktiv verstärken erwachsene Personen die Selbstbildungsprozesse der Kinder, regen sie an und unterstützen sie entscheidend. Erfolgreiche Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern setzen deshalb verlässliche Beziehungen und Bindungen zu Erwachsenen voraus.

Die wichtigste und elementarste Form des Lernens und Bildens und damit Hauptbeschäftigung aller Kinder ist das Spielen. Spielen und Lernen sind stets eng miteinander verbunden. Im Spiel vernetzen die Kinder ihr Innerstes mit der sozialen Aussenwelt. Im Spiel lernen Kinder Emotionen, Kreativität, Durchhaltewillen und Einsatzbereitschaft kennen. Das kindliche Spiel ist geprägt von Handlung, Prozess und Wirkung. Es eröffnet den Kindern die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen, verschiedene Strategien der Problemlösung zu entwerfen, erproben, bestätigen und immer wieder zu wiederholen. Auf der Suche nach Lösungen nutzen Kinder ungewohnte Wege, erleben ungeahnte Wirkungszusammenhänge und konstruieren ihre Lebenswirklichkeit.

«Spiel ist die höchste Form der Kindesentwicklung.»
Friedrich Fröbel

Dieses elementare Interesse der Kinder an der Welt, ihren Forschungsdrang und ihre Wissbegier können Erwachsene durch eine achtsame Begleitung mit vielfältigen Anregungen und Impulsen stärken und fördern. In einer anregenden Lernumgebung können Kinder Lernprozesse als Herausforderung und Vergnügen erleben; sie lernen, ihre Kräfte zu messen, Grenzen zu erfahren und Neues auszuprobieren. Ungeahnte, jedoch markante Lernerfahrungen können einfache wiederkehrende Situationen sein. Der wichtigste und wertvollste Lernort der Kinder ist der Alltag.

Für Erwachsene ist es eine Chance, Kinder begleiten und unterstützen zu dürfen und sich auch selbst täglich von deren Lernerfahrungen überraschen zu lassen. Dabei ist es eine stete, aber spannende Herausforderung, sich der Welt der Kinder zu öffnen, Brücken zu ihr bauen und sich unvoreingenommen auf sie einlassen zu dürfen.

Kinder vollbringen beeindruckende Leistungen auf ihrem gesamten Lern- und Bildungsweg.

Neugier, Interesse und Wissensdurst bilden die Voraussetzung für die Eroberung der Welt, für lustvolles und nachhaltiges Lernen, für die gesamten Lern- und Bildungsprozesse der Kinder. Kinder vollbringen auf diesem Weg beeindruckende Leistungen. Ihr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten wächst und damit auch ihre Bereitschaft, sich mit sich selbst und mit anderen auseinanderzusetzen, Bindungen einzugehen und Beziehungen aufzubauen. Mutig und selbstsicher begegnen sie neuen Herausforderungen.